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Andacht

 |  Martin Eisele-Remppis  |  Andachten
Titelbild: Herbstwald

Liebe Leserinnen und Leser,
wenn ich meinen Kindern erzählen möchte, wie alt ich schon bin, dann erzähle ich vom Autofahren ohne Navi. Ich erinnere mich, wie ich durch die Außenbezirke Madrids mit dem Auto fahre und mein Beifahrer im Straßenatlas versucht, mich ans Ziel zu lotsen. „Rechts – nein, links.“ „Da hätten wir abbiegen müssen…“ Was für ein Durcheinander!
Inzwischen hilft das Navigationsgerät beim Finden des Weges. „Sie befinden sich auf der schnellsten Route.“ Noch bevor ich losfahre, weiß ich ziemlich genau, wann ich ankomme. Ich fahre nicht mehr die Strecke, sondern bin im Wettlauf mit der errechneten Navi-Zeit.
Weil ich immer so gut ans Ziel gelange, könnte auf die Idee kommen, ich würde mich gut auskennen. Aber das tue ich nicht. Ich kenne mich viel schlechter aus als früher in den Tagen mit den falschen Abzweigungen mit dem Straßenatlas.
Jetzt ist ein bisschen Selbstüberschätzung beim Wegfinden und mein Vertrauen auf google-maps nichts Tragisches.
Tragisch aber ist es, wenn ich mich bei der Suche nach meinem Lebensweg ebenso auf die digitalen Helfer verlasse. Tragisch ist es, wenn ich nicht selbst meinen Lebensweg suche, wenn ich nicht die Umwege in Kauf nehme, die das Leben mit ausmachen.
Ich denke: „Umwege erhöhen die Ortskenntnis.“ Und meinen Lebensweg findet niemand anderes – und schon gar keine „KI“ – für mich. (Der Weg auf dem Titelbild ist sicher auch keine „schnellste Route“, aber ein wunderschöner Um-Weg.)
Mir tut es gut, dass ich mich auf diesem Weg begleitet fühle: Gott geht mit seiner Liebe meinen Weg mit. Er geht auch die Umwege mit, schreibt mir nicht vor, wann ich welchen Meilenstein zu erreichen habe, welches die schnellste Route ist. Ich habe das Gefühl: auf ihn ist Verlass – aber er lässt mir meine Freiheit.
Als wir uns damals in Madrid verfahren haben, kamen wir übrigens zu einem wunderschönen Stadtfest in einem Vorort. War ein richtig schöner Nachmittag. Da wären wir mit dem Navi niemals hingekommen!
Ihr Pfarrer Jakob Spaeth